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Grup Tekkan Sonnenlischt – wie es sein könnte

„Merhaba Murat, wie geht’s?“

„Ach, Ludger, Scheissendreck.“

„Wieso?“

„Die Weiber fucken mich nur ab.“

Ludger arbeitet seit 15 Jahren im Jugendhaus, er hat Erfahrung. Merkt, dass Murat heute offener ist als sonst. Seine Chance für Beziehungsarbeit. Ausserdem ist Murat grade allein. Seine Kumpels sind noch nicht da und scheinbar hat er auch noch nichts geraucht.

Aus dem Mädchenraum dröhnt Türkenpop von Cetin.

„Wenn ich der Typ wär, hätt ich nur die krassen Bunnys. Die hören den Scheiss den ganzen Tag.“

„Sowas kannst du auch…“

„Logisch, ich bin der Geilste.“

Ludger ist nicht nur Soziarbeiter, sondern spielt auch Bass in einer Bluesband. Sein Angebot als Medienpädagoge sind Musik-Workshops. Nachdem Murat zwischen Schiss und grandenloser Selbstüberschätzung hin- und hergependelt ist, hat er ihn. Sie starten einen Rap-Workshop.

Am nächsten Tag will sich Murat wieder drücken, aber es hat sich schon rumgesprochen – er kann nicht zurück. Also bringt er seine besten Kumpels Sezer und Hassan mit. Sie hören türkisch-deutschen Rap, suchen Sätze aus, die ihnen gefallen. Ludger macht einen Text daraus. Holt ein paar Grooves aus dem PC, spielt einiges ein und die Jungs singen drüber. Ziemlich schräg, aber was soll’s – Ludger versucht den Spagat zwischen prozess- und produktorientiertem Arbeiten, macht spätabends noch den Mix und am nächsten Tag läuft das Stück im offenen Bereich.

Einige Jungs lachen sich schepp, den Mädels gefällt es und sie entführen die CD in den Mädchenraum. Murat und seine Kumpels finden sich cool, Sezer post dazu.

„Wie sind voll cool genug für MTV“, tönt er. Ludger geht zum Medienschrank, packt die Videokamera aus, spielt ein bisschen damit herum.

Am nächsten Tag filmen sie. Die Jungs sind gestylt. Hasan hat wenig Zeit, sein Onkel braucht Hilfe im Gemüseladen. Dann verschwinden Sezer und Murat, vermutlich was rauchen, und kommen nicht wieder. Ludger setzt sich mit dem Zivi an den PC und sie schneiden bis spät in die Nacht den Clip zusammen, den der Zivi dann ins Netz stellt. Bis ihn ein Blogger entdeckt und der Wahnsinn beginnt…

Tja, Leute, das ist der Film, der vor meinem inneren Auge abläuft, wenn ich mir „Sonnenlischt“ angucke. Hab schließlich selbst lang genug den „Ludger“ gegeben. Ne, Grup Tekkan wirkt wie ein typisches Jugendhaus-Produkt – die Jungs sind weitgehend talentfrei, die kreative Arbeit kommt bestimmt von anderen.

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