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Zwei Mann ein Kasten – 13. Orscheler Bierathlon 2007

Da steht er. Nur noch der Baum gibt ihm Halt, während er sich die Seele aus dem Leib kotzt. Ein fingerdicker Speichelfaden hängt aus seinem Mund bis herunter zum Nabel. Das Würgen nimmt kein Ende. Aber er hält ihn fest, den Kasten Possmann. Mindestens zwei Apfelweinflaschen hat er schon leer, zwei oder drei sind definitiv voll. Ein Einzelkämpfer.

„Des is unglaublich“, sagte bereits zwei Kilometer davor die alte Dame. Sie las zwei Jungs die Leviten, die halbnackt auf einer Bank hingen, zwischen sich den Kasten Bier. „Die stehe da aanfach am Weech und habbe den Schnulli raushänge. Des gibbts doch net.“ Die Jungs beeumeln sich: „Was meinen Sie denn mit „Schnulli“?“.

Zwei Mann ein KastenMussten wir ausgerechnet am ersten Mai unsere Runde zur weißen Mauer, zum Altkönig und Fuchstanz machen? An den Orscheler Bierathlon hatte ich gar nicht mehr gedacht. Jetzt, kurz vor Zieleinlauf, fehlt der Fotoapparat. Einige Teams sturzbesoffen, andere halten sich noch wacker. Bei einigen Jungs hat das Östrogen noch nicht das Testosteron klein gekriegt – jede Frau auf dem Weg wird angebaggert. Wann geht hier mal ein Kamerateam mit? Wär sicher der Hit beim nächsten Feature zum Thema Jugendliche und Komasaufen.

Einer trägt den Kasten allein, damit sein Kumpel dahinter mit der Freundin Händchen halten kann. Ob die heimlich mitnuckelt? Zwei sind dermaßen strack, dass sie den Weg in Schlangenlinien zurücklegen, der Kasten ist bereits leer – falsche Taktik, Jungs. Ob die Extra-Kilometer zählen? Ein kleiner Dicker lässt sich von seinem Kumpel ziehen, hängt nur noch mit einem Arm an dessen Schulter – den Kasten tragen andere. Kriegsversehrte.

Dann die richtig Coolen: Zwei Grinsebacken mit Rastas. Perfekte Technik, lockerer Gang, Handschuhe, das bringt Punkte in der B-Note. Obwohl Jah gefälliger schauen würde, wenn sie statt Bierflaschen dem Herb die Referenz erweisen würden: „Zwei Mann – ein Piece“, das wär’s. Dann wären unterwegs auch keine Kronkorken zu finden. Oder an anderer Stelle Scherben. Die Mountainbiker fluchen eh schon. Kaum ein Durchkommen. Jedem sein Extremsport 🙂 Wobei die Regeln vorschreiben, dass Flaschen und Kronkorken ebenfalls am Ziel ankommen müssen. Aber manch ein Sportler verliert gegen Ende dann doch die Kontrolle…

Und letztendlich: Was machen die Eltern anders? Sitzen wahrscheinlich in irgendeinem Garten herum, Grill auf Hochtouren und die Herren der Schöpfung leeren den Alk. Die Jungs hier legen immerhin 8 Kilometer zurück. Frauenteams sind keine zu entdecken. Stattdessen vier Mädels, die einen Typen mit Feuer im Gesicht bemuttern. Die klassische Rollenverteilung.

Also schnell ab in die kleinen Waldwege, die kaum einer nimmt. Keine auf Höchstgeschwindigkeit getrimmten Mountain-Biker, keine torkelnden Jungs, kein Lärm von den Selbstmördern auf der Applaussstrecke. Ruhe. Der Wind rauscht in den Bäumen. Unser Atem. Sonnenstrahlen, die sich in den Boden bohren. So liebe ich es.

Nachtrag vom 30.09.07: Passend zum Thema auch “Jugendliche und Klassenfahrt”: http://frisch.die-neue-fr.de/?p=111

4 Kommentare

  1. Der Beitrag ist ja einfach nur göttlich. Was ein geiler Bericht. Für so ein Meisterwerk solle ein Preis verliehen werden. (bin selber mitgelaufen und war 8.) Schlicht und ergreifend ein Meisterwerk

  2. Ja, netter Bericht, schade nur, das nicht die beiden Jungs im Bademantel erwähnt werden, nächstes Jahr lege ich mir nen PR-Agenten zu!

  3. Ja geiler Bericht aber leider muss ich sagen dass er teilweise falsch ist!
    Es gab mindestens ein, eher zwei Mädchenteams.
    Bei dem einen Team bin ich mir jetzt so im nachhinein und dank der 5l bier nicht mehr so sicher, ob es junge und mädchen oder zwei mädchen war.
    Mit meiner Platzierung kann ich leider nicht angeben da sie noch nicht ganz geklärt ist.=)

    Aber guter Bericht sollte eigentlich an die FR oder so gehen.

    Gruß
    Daniel

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