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Basstraktat

Es gibt für mich zwei Arten von Bassisten: die einen, die mehr im Hintergrund ste­hen und ein einfaches, aber möglichst solides Fundament hinlegen und die anderen, die gleichberechtigt mit anderen Solomusikern ein Feuerwerk entfa­chen, daß Dir Hören und Sehen vergeht. Wer keiner dieser beiden Anforderun­gen genügen kann, ist kein Bassist.

Die Idealform liegt für mich irgendwo dazwischen: ein Bassist, der zusammen mit dem Drummer die anderen Instrumente trägt, ihren Ausflügen Stabilität verleiht, nicht zuviel macht, aber interessant spielt, um keine Langeweile auf­kommen zu lassen; und gleichzeitig ein Bassist, der im geeigneten Moment nach vorne kommt und so abzieht wie er kann, einfach alles rausläßt. In der Realität tendieren die, die man als Bassisten bezeichnen kann, entweder mehr hin zum Fundament- oder zum Solobassisten und alle sind wichtig.

Ein Bassist, der ein ganzes Konzert lang mit einfaches Mitteln Grooves spielt, die nicht öde werden, steht für mich weit über dem, der seinen Daumen ständig spazie­ren führt, sich dabei selbst darstellt, aber nicht in der Lage ist, sauber, gutgetimt und vor allem songdienlich zu spielen.

Ob man sich nun für hintergrund- oder solobetontes Bassspiel entscheidet: die Grundpalette muß sich jeder draufschaffen. Einen Bassisten, der mit Daumen oder Plektrum gut ist, aber zupfmäßig nichts bringt, kann ich nicht als vollwertig anse­hen – ausgenommen, er bringt es auf seinem Gebiet zu wahrer Meister­schaft.

Deswegen lehne ich auch einen Schüler ab, der nur wegen des Daumenspiels zu mir kommt. Soll er’s halt woanders lernen. Für mich gehört alles zusammen: Zup­fen, Slappen, Plektrum-Spiel, Fretless oder Fretted, Flageoletts und Ak­korde, Tap­ping oder sonstwas; was sich machen läßt und interessant ist, wird gemacht. Es wird sich auch keiner, der Spaß am Vögeln hat, sein Leben lang mit einer Stellung zufriedengeben, oder?

Natürlich bevorzugt man je nach Eignung, die eine oder andere Spielart, klar. Deswegen gehe ich auch nach dem Erlernen der Grundbegriffe auf die Vorlie­ben eines jeden Schülers individuell ein. Aber bevor er nicht einen Rock’n’Roll-Riff straight und saftig durchs Schema jagen und variieren kann, solange soll der Dau­men ruhig in der Garage bleiben.

Was auch immer man gerne für ein Bassist werden würde: wenn man die Grundla­gen geschafft hat und weitergehen will, muß man sich genug motivieren können, um noch mehr Arbeit und Übung hineinzustecken und auf der anderen Seite muß man auch genügend Talent und Feeling mitbringen.

Ansonsten: Ein Käfer fährt nun mal einfach nicht so schnell wie ein Porsche, aber er läuft und läuft und läuft. Und das Ziel erreicht man auch: nämlich ein guter Bas­sist zu werden.

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