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Wer rettet die Zukunft?

Vereinfacht gesagt braucht jede Gesellschaft zwei Komponenten: die Innovation der Jugend und die Weisheit des Alters. Veränderung und Stabilität. Zu viel Veränderung mündet ins Chaos, zuviel Stabilität in Erstarrung.
Wenn ich mir Deutschland 2005 anschaue, kriege ich die Krätze.
Die Politik wirkt – und das ist nichts neues – inkompetent und korrupt. Die eigentliche Macht liegt in der Hand menschenverachtender Konzerne. Doch wenn dieser Zustand auch vertraut erscheinen mag, so gab es in den letzten Jahrzehnten immer eine Komponente, die geholfen hat, Dinge zu verändern. Diese Komponenten waren grob geschätzt die Menschen zwischen 16 und 28. Alles das, was man unter Jugend und junge Erwachsene zusammenfasst.
Es gab eine Zeit des Aufbegehrens und des Rock‘n‘Roll. Stanleys und Livingstones in den Bereichen des Mind. Sexuelle Befreiung und Emanzipation. Friedensbewegung und Punk.
Und jetzt?
Die letzte musikalische Revolution – und jede Revolution hatte ihre Musik – war der Techno. Danach nur noch Derivate, aber nichts neues mehr. Die dazugehörende Droge – und Revolutionen haben oft ihre Drogen – war Extasy. Die Botschaft – und zu jeder Revolution gehört eine Botschaft – wie lautete sie? Fun? Jetzt und hier?
Als MDMA zu Extasy wurde, transportierte diese Bewegung vor allem eines: Konsum! Dabei ist es geblieben. Das einzig klare Kennzeichen der jetzigen amorphen Jugendmasse ist das Handy. Benennen wir sie also entsprechend. Musikalischer Aspekt? Fehlanzeige. Bewusstseinsveränderndes Vehikel? Nicht bekannt. Botschaft? Alder, was geht!
Die Politik eines Schily und Clement – und damit letztendlich eines Schröder – verlangt nach Widerstand. Resistance, wie es frankophil zu nennen wäre. Die fehlenden Alternativen eines bayrischen Stoibers, einer mollusken Merkel oder des skandalträchtigen Kochs, eines laschen Westerwelle oder abgehobenen Fischers schreien nach der Wiedergeburt einer ausserparlamentarischen Opposition. APO 2 – die Rückkehr.
Ein solches Aufbegehren fußt in der Vitalität der Jugend. In jener Zeit, in der es so einfach ist, richtig und falsch zu erkennen. Wo das Leben um seiner selbst willen gelebt werden will. Wo man sich noch nicht mit den Gegebenheiten arrangiert hat.
Doch Jahre und Jahrzehnte nach Hippies und Freaks, Ökos und Feministinnen, Waves und Cyberpunks ist keine Nachfolge in Sicht, die diesen Namen verdient hätte. Attac lässt zuweilen hoffen. Aber deren Protagonisten erscheinen als Randgruppe. Die vielen PC-Freaks? Ist Filesharing eine politische Handlung gegen die Macht des Marktes oder nur geiler Geiz von materiell Minderbemittelten unter dem betriebssystematischen Diktat von Redmond?
Insgesamt diffundiert eine zersplitterte Melange aus Überbleibseln aller Stile und Bewegungen der letzten Jahrzehnte vor sich hin. Mit dem Überbau des Konsums. Wo die Macht der Marken dominiert über Geschmack und Sein. EightToFive-Spießer mit Feierabend-Attitüden. Verweigerer mit Rundum-Sorglos-Anspruch. Abgefuckte Lutscher und Silikon-Prinzessinnen, die lieber Seelen-Striptease im Container abliefern oder ihren Körper auf dem Altar der Auswüchse der Schulmedizin opfern.
Mit denen soll eine Revolution zu machen sein?
Leute, hakt diese Jugend ab, zumindest bis die nächste Generation kommt und aufwacht. Sofern es dann nicht zu spät ist.
Ich schätze, wir Alten müssen die Sache wuppen. Damit meine ich im Zeitalter des Jugendwahns alle über 40. Diejenigen, die sich noch nicht völlig arrangiert haben. Auch wenn wir wieder Acid nehmen und Rock‘n‘Roll hören müssen. Aber unsere Ärsche sind durch Langlauf oder Nordic Walking gestählt, unser Verdauungstrakt durch Vollkornprodukte auf Trab, unsere Herzen in Selbsterfahrungsgruppen geöffnet und unser Geist noch längst nicht verschrumpelt.
Lasst uns diesen Spießern in den faltenfreien Bodies zeigen, was eine Harke ist. Lasst uns die Schröders, Stoibers & Co. dahin jagen, wo sie hergekommen sind. Lasst uns dem weltweiten Business zeigen, dass wir noch Mumm in den Knochen haben. Ohne Gewalt, aber mit der Kraft der zwei Herzen.
WE FIGHT THEM ALL!!!

3 Kommentare

  1. Buckaroo Banzai

    21/04/2005 @ 6:59 pm

    Nachdem ich mir eigentlich nur den ‚CAN‘-Artikel durchlesen wollte, musste ich mir doch alle Artikel durchlesen. Krasser Artikel, Alder. Richtig Fett. 🙂

    Bruda Buckaroo

  2. Schick! 🙂

    Drogen gibt’s aber schon: Die Hiphopper kiffen. Was, wie wir wissen, gleichgültig macht, was Kiffern aber, wie wir auch wissen, egal ist.

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