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Eine Umfrage über die Jugend

Bei Nachbars wird geklingelt. Nichts passiert. Fünf Sekunden später dann bei mir. Ein Typ kommt die Treppe hoch, in der Hand ein Blatt Papier und einen Schreiber.

„Deppkowski, guten Tag. Wir machen eine Umfrage über die Jugend.“

„Ah, Moment.“ Ich denke nach. „Jetzt hab ich’s: Schülerbotendienst!“

„Nein, ich habe gesagt Deppkowski. Wir machen eine Umfrage über die Jugend.“

„Schon okay, danke. Hat sich erledigt.“

„Ah, sie haben also etwas gegen die Jugend!“

„Nein, aber gegen Ihre Methoden. Verlassen Sie jetzt bitte das Haus.“

Er geht langsam die Treppe runter: „Ich verlasse das Haus, wenn ich will. Sie haben mir gar nichts zu sagen. Und ich notiere: Sie sind gegen die Jugend. Das wird in der Zeitung stehen, dass Sie gegen die Jugend sind!“

Was ein Irrer. Ich höre, wie er unten bei einer Nachbarin klingelt, einer älteren Dame. Hinterher. Ich warne sie vor dem Typ, der die gleiche Nummer abzieht und die alte Griechin mit denselben Drohungen bombadiert.

„Jetzt reicht’s. Raus hier oder ich rufe die Polizei!“

„Sie haben mir gar nichts zu sagen, Sie Wichser.“

Er verlässt das Haus, knallt noch einmal die Haustür gegen die Wand und lässt sie offen stehen. Von draussen höre ich ihn schimpfen, während er zum nächsten Haus unterwegs ist. Spüre meinen Ärger. Und habe die Vision eines Vampirs, der sich von den schlechten Gefühlen ernährt, die er in anderen Menschen hervorruft. Von Ärger, Wut und Zorn. Runterkommen, Tor. Nur ein Looser, der durchschaut wurde und dem nur noch eine einzige Waffe geblieben ist.

Tief durchatmen. Weiterarbeiten. Und langsam wieder ein Lächeln im Gesicht spüren.

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